La Garduña – eine andalusische Geheimgesellschaft
Geheimbund La Garduña
Noch weniger bekannt ist eine andere Geheimgesellschaft mit katholischen Wurzeln aus Andalusien: La Garduña. Dieser Geheimbund ist so geheim, dass umstritten ist, ob er heute noch existiert und Einfluss ausübt.
Als die Mauren im Jahr 711 von Marokko aus die iberische Halbinsel betraten und 735 angeblich bis nach Südfrankreich vordrangen, bildete sich in der Sierra Morena bei Córdoba die Guerrilla-Armee für Christus „La Garduña gegen die maurischen Besatzer. Gegründet wurde sie von dem Einsiedler Apollinario. Er fühlte sich dazu beauftragt von der heiligen Jungfrau Maria, die ihm erschienen war und ihm einen Knopf vom Gewand Christi mitgebracht hatte, der ihn unverwundbar machen sollte. Maria erklärte ihm, dass Gott die Mauren als Strafe geschickt habe. Die christlichen Spanier sollten jedoch eine Chance zur Wiedergutmachung erhalten und es werde ihnen von Gott erlaubt, unter der Führung von Apollinarius alle Nichtchristen umzubringen.
Da es La Garduña nicht gelang, die übermächtigen Mauren zu vertreiben, mutierte die Guerrilla-Armee allmählich zu einer kriminellen Bande, die in den folgenden 700 Jahren mit Auftragsmorden, Entführungen, Brandstiftungen, Raubüberfällen und Versklavungen Angst und Schrecken verbreitete.
Als 1492 die Mauren, die sich nicht zum Christentum bekehren lassen wollten, von König Ferdinand II aus Spanien hinausgeworfen wurden, engagierte der König Mitglieder von La Garduña als Schergen, die für ihn die Drecksarbeit der Inquisition erledigten. Dabei agierten die Mitglieder von La Garduña so brutal und häuften so große Reichtümer an, dass die Katholische Kirche sich 1670 bemüßigt fühlte, das schändliche Treiben zu beenden.
Nun verwandelte sich La Garduña in eine Geheimgesellschaft mit hierarchischen Strukturen. Neue Mitglieder wurden Ziegen genannt und mussten die niedrigsten Arbeiten verrichten. Ältere Mitglieder, die so genannten Ziegenbälge waren für die Verwaltung der Güter und Waren zuständig.
Über ihnen standen die Athleten, häufig gewalttätige Kriminelle. Die einzelnen Banden wurden von Schwertkämpfern geleitet. Über ihnen standen Bezirksleiter und Kommandanten und über allen der Großmeister, der Große Bruder (hermano mayor).
Auch Frauen hatten Aufgaben in dieser Organisation. Die Anbahnerinnen hatten die Aufgabe, potentielle Opfer für Mord, Raub und Entführung in einen Hinterhalt zu locken. Und besonders schöne Frauen verführten und korrumpierten als Sirenen ihre Opfer, insbesondere Staatsbeamte.
1822 durchsuchte die Polizei das Hauptquartier des Großmeisters in Sevilla und fand die vollständige Dokumentation der Organisation, die bis zum Jahr 1520 zurückreicht. Der Großmeister und sechzehn Bezirkschefs von La Garduña wurden öffentlich auf dem Marktplatz von Sevilla gehenkt.
Ein Teil ihrer Anhänger soll in die Berge von Ronda geflüchtet und dort zu Bandoleros geworden sein. Einige sollen mit dem Schiff nach Neapel deportiert worden sein, als dort die Spanier herrschten und sollen dort die Camorra gegründet haben. Wieder andere wanderten nach Südamerika aus und engagierten sich dort in den Befreiungskriegen.
Ein spanisches Volkslied besingt drei Brüder, spanische Ritter von La Garduña, die im 17. Jahrhundert Spanien nach einer Blutfehde verlassen mussten. Mostrosso landete in Neapel und gründete die Camorra. Carcagnosso ging nach Kalabrien und gründete die Ndrangheta, während es Osso nach Sizilien verschlug, wo er die Mafia gründete. Eine ähnliche Geschichte existiert über drei buddhistische Mönche, welche die chinesischen Triaden erschufen. Vielleicht wurden aus den vertriebenen Mitgliedern von La Garduña aber auch nur Seeräuber, welche das Mittelmeer und die spanischen Besitzungen in Amerika unsicher machten?
Ihr Schlachtruf »Denkt an die Jungfrau von Córdoba« erschallte im Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten von Francos Nationalisten. Am Ende des Zweiten Weltkriegs halfen möglicherweise Mitglieder der Geheimorganisation La Garduña deutschen Nazis, Europa zu verlassen und in Südamerika unterzuschlüpfen.
Angeblich wurde die Dokumentation, die 1822 im Haus des Großmeisters von der Polizei sichergestellt wurde, nach Toledo gebracht, gilt aber als verschollen. Bis heute ist daher umstritten, ob es sich bei La Garduña um eine gut gemeinte religiöse Bewegung oder um eine besonders kriminelle Vereinigung handelt. Falls du also hörst, dass sich mal wieder ein andalusischer Politiker korrumpieren ließ, …. erinnere dich an La Garduña!
Von Wolfgang Zöllner
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