FC Sevilla: Andalusiens Top-Team im Kurzportrait
Eine Krone der Sportregion
Wie sehr Andalusien mit Sport verknüpft ist, haben wir bereits in der Vergangenheit dargestellt. Und nicht wenige sagen sogar, dass die Region mit zu den fußballverrücktesten des ganzen Landes gehört. Dazu sollte man wissen, dass in Spaniens überregionalen Fernsehnachrichten schon traditionell gut und gerne zehn Minuten dem Fußball gehören. Definitiv mehr als nur ein spanisches Klischee. Woran es liegt? Manche sagen, dass Fußball dem spanischen Ästhetik-Empfinden besonders entgegenkäme. Für andere liegt es schlicht daran, dass kein Land so viele Trainer hervorbringt und auch so sehr auf Spielernachwuchs aus den »eigenen Reihen« setzt.
Eine Tatsache, auf die sich viele einigen können, ist, dass Spanier eine viel leidenschaftlichere Herangehensweise an den Fußball haben. In Spanien wird er regelrecht zelebrieren, als soziokulturelle Kunstform, und auch als klassen- und generationenübergreifende Plattform angesehen. Viel tiefer als es in den meisten anderen Ländern (Lateinamerika wegen seiner spanisch-portugiesischen Wurzeln ausgenommen) empfunden wird.
Und auch wenn man als Deutscher den Eindruck gewinnen könnte, dass es im Land des Fußballs nur Barcelona und Real Madrid gäbe, so stimmt das ganz und gar nicht. Denn wer Sevilla vergisst, macht einen Fehler, den auch schon viele Teams auf dem Platz bitter bereuten.
Seit den Anfängen dabei
Fußball als sportliches Prinzip kann eine ziemlich lange Geschichte vorweisen. So wie man ihn aber heute kennt, ist der Sport vergleichsweise jung. Denn erst 1870 wurde er mit dem Verbot des Handspiels und der Festlegung auf elf Spieler zu einem eigenständigen Sport – diejenigen, die diese Regeln ablehnten, ersannen das moderne Rugby.
Diesen Zeitraum zu kennen, ist für die Einordnung des FC Sevilla enorm wichtig. Denn schon am 25. Januar 1890 wurde der direkte Vorgänger des Clubs gegründet: zwölf Jahre vor Real Madrid, neun Jahre vor dem FC Barcelona. Und nur wenige Wochen, nachdem Spaniens ältestes Team gegründet wurde – Recreativo Huelva, aus der Taufe gehoben am 23. Dezember 1889, und eine weitere Mannschaft Andalusiens.
Auch das hat seine Gründe: Der Guadalquivir konnte bereits damals von großen Schiffen bis Sevilla befahren werden. So kam es, dass britische Schiffe nicht nur Güter nach Andalusien beförderten, sondern die Besatzungen auch den damals heißesten Sport-Trend von der Insel, eben Fußball, mitbrachten. Der FC-Vorgänger war dementsprechend auch eine Art Werksteam der MacAndrews Reederei in der Stadt; die offizielle Gründung als FC Sevilla erfolgte zwar erst 1905, war aber eher formal.
Großer Start, größere Rivalität
Der FC Sevilla ist eine starke Mannschaft, die sich vor allem seit der Jahrtausendwende auf dem internationalen Parkett zu einer »Lokomotive« gewandelt hat. Allerdings hat es seine Gründe, warum das heute im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán beheimatete und im Stadtteil Nervión gegründete Team nur Platz sieben auf Spaniens ewiger Bestenliste belegt.
In der Folge der andalusienweit entfachten Ball-Leidenschaft konnte Sevilla in den ersten Jahren seines Bestehens einen kometenhaften Aufstieg erleben. Das traditionell Zuhause weiß und auswärts rot gekleidete Team war einer der Stars Andalusiens und gewann mehrfach die Regionalmeisterschaft.
Aber: Andere Teams hatten nicht geschlafen. 1929 wurde die Primera División als spanienweite Topliga gegründet – ohne den FC Sevilla, dessen Leistungen nicht für den Aufstieg reichten. Besonders bitter: Bereits 1914 hatte es einen Club-internen Streit gegeben. Dieser hatte zur Abspaltung einiger Mitglieder und deren Verschmelzung mit Sevillas zweitem Verein, Sevilla Balompié, geführt. Unter dem Namen Real Betis Balompié, besser bekannt als Betis Sevilla, entstand so eine tiefe Rivalität zwischen altem und neuem Club.
Die wurde nach der Primera-Gründung noch tiefer. Betis konnte bereits zur Saison 1932-33 aufsteigen. Schon das ärgerte die FC-Fans zutiefst. 1935 gewann Betis dann auch noch die spanische Meisterschaft – zwar die einzige bislang, aber eben als erster andalusischer Club für immer in den Geschichtsbüchern festgeschrieben.
Auf den Gipfel – in die Tiefe
Nachdem der Spanische Bürgerkrieg in den 1930ern den Fußball schachmatt gesetzt hatte, standen die ersten Nachkriegsjahre für den FC Sevilla im Zeichen des Aufstiegs. Zwei weitere Pokalsiege folgten. Die Saison 1945-46 krönte der FC mit der ersten Meisterschaft. Auch die kommenden Jahre blieb der FC Sevilla einer der wichtigsten Player Spaniens, wurde für den Europapokal der Landesmeister sogar international. Hier scheiterte das Team aber mit 0:8 und 2:2 gegen Real Madrid und schied im Viertelfinale aus. Das war in der Saison 1957-58.
Dieses Jahr war ein Wendepunkt. Denn wo es international gut lief, kratzte man Zuhause an den Abstiegsplätzen. Dann wurde das neue und heutige Stadion eröffnet. Zwar ein stolzer neuer Hort, aber extrem teuer. Zu teuer. In den 60ern liefen Sevillas Finanzen ziemlich aus dem Ruder, sodass Spieler sogar verkauft werden mussten. Zuletzt kam dann der Abstieg in die Segunda División.
Langsam wieder bergauf
Mit den 1970ern begann für den FC Sevilla ein langsamer Wiederaufstieg. Nach nur einer Saison war man wieder in der Ersten Liga, kämpfte sich 1970 sogar bis zum Saisonende auf einen dritten Platz vor.
Über die nächsten zweieinhalb Jahrzehnte wurde das Team zu einer klassischen Mittelfeld-Mannschaft. Nicht herausragend, aber Anführer von Andalusiens Fußball und nie vom Abstieg bedroht – zumindest bis in die späten 1990er, als gleich drei Saisons in der Segunda División abliefen.
Internationale Stars
Der FC Sevilla, den die Fans heute so leidenschaftlich anfeuern, entstand kurz nach der Jahrtausendwende, als das Team für die Saison 2001/02 wieder in die Primera División aufstieg. Dafür sind zwei Gründe verantwortlich:
- Mit Juande Ramos kam ein ausgesprochen fähiger Trainer ins Team – ausgerechnet von Betis gewechselt.
- Der Verein startete eine neue Spielerpolitik. Kaufte günstig Talente ein, machte sie zu Spitzenspielern und verkaufte sie dann weiter; das heilte die Vereinsfinanzen nachhaltig.
Auf diese Weise rockte man den Supercup und den Copa del Rey und wurde auf europäischem Level zu einem ernst zu nehmenden Gegner. Die Statistiken des Vereins belegen deutlich, wann die Sieg-Schwerpunkte angesiedelt waren. Nach einer kurzen Flaute durch die Weltwirtschaftskrise 2008 krönte Sevilla sein internationales Standing durch vier weitere Siege in der Europa League.
Andalusien Reiseführer
13 Städte, 15 weiße Dörfer, 9 Natur-Highlights, 4 Küsten, 4 Routen und jede Menge echte Geheimtipps – das alles findest du im großartigen Andalusien Reiseführer von Sara und Marco, den beiden Gründern von Love and Compass.