Río Tinto

Dramatisch ist das Farbenspiel des Río Tinto – es changiert von Rostrot über Blutrot bis Violett. Die Farbe entstammt der hohen Konzentration an Eisensalzen und Sulfaten aus dem Bergbau bei Minas de Riotinto am Flussoberlauf, die der Regen in den Fluss spült.
Rio Tinto Andalusien
Der Río Tinto bei Niebla in der Provinz Huelva ( Olha Rohulya / Shutterstock.com )

Río Tinto – der rote Fluss

Seinen Namen verdankt der Río Tinto seiner spektakulären Farbe, Rot – auf Spanisch »Tinto«. Der Fluss entspringt der Sierra Padre Caro bei Nerva im Norden der Provinz Huelva und im Süden der Sierra Morena.

Dann fließt er 100 km weit fast ausschließlich durch die Provinz und mündet zusammen mit dem Río Odiel bei der Stadt Huelva in den Atlantik. Aufgrund des hohen Säuregehalts überleben nur Mikroorganismen im Fluss.

Vielen Besuchern gefällt am Río Tinto vor allem die außergewöhnliche Farbe des Wassers. Du solltest allerdings sehr vorsichtig sein, denn das Wasser ist mit einem pH-Wert zwischen 2 und 3 extrem sauer. Darin können keine Fische, Amphibien oder Säugetiere überleben. Der Fluss enthält außerdem wegen der vielen Kupferminen in der Region viele giftige Schwermetalle.

Minas de Riotinto – Bergbau am Río Tinto

Die Mineralien am Río Tinto lagerten sich im Karbonzeitalter auf dem Meeresboden ab. Bereits vor 5.000 Jahren wurden hier Kupfererze, Silber, Gold und andere Metalle von den Iberern geschürft. Es geht die Sage, die goldene und silberne Pracht des alttestamentarischen Königs Salomon wurde aus Erzen vom Rio Tinto erzeugt. Eine Stelle in der Mine heißt heute noch »Cerro Solomón« (Salomon Hügel).

Auch das nahe gelegene Dorf Zalema La Real deutet auf einen starken Bezug zu König Salomon hin. Phönizier, Griechen. Römer, Westgoten und Mauren haben die Minen ausgebeutet. Die Spanier interessierten sich erst Anfang des 18. Jahrhunderts für die Minen am Río Tinto. Sie bekamen bis dahin ja genug Gold und Silber von ihren amerikanischen Kolonien.

So richtig profitabel war der Abbau der Erze am Río Tinto für die Spanier nicht und daher verhökerte die spanische Regierung die Mine im Jahr 1873 für 3,78 Millionen britische Pfund an ein Syndikat, bestehend aus der britischen Hugh Matheson’s Matheson and Company (24%), der Deutschen Bank (56%) und der britischen Tiefbaufirma Clark Punchard & Company. Die neue Firma firmierte als »Rio Tinto Company«. Der spanische Staat verzichtete für alle Zeit auf das Recht, Abgaben auf den Ertrag der Mine zu erheben.

Im Jahr 1880 ging die Firma auf die Familie Rothschild über. Neue Abbaumethoden führten dazu, dass die Mine bis 1891 die größte Kupfermine der Welt wurde. Sie war auch führend im Abbau von Zink und von Pyrit (auch bekannt als Katzengold), das für die Herstellung von gehärtetem Stahl in der Waffenproduktion verwendet wurde. Die Verarbeitung von Pyrit in Hochöfen kontaminiere die Felder um die Mine.

Anfang Februar 1888 starben 100 Menschen den Gifttod, aufgrund zweifelhafter Produktionsmethoden. Bei der anschließenden Protestkundgebung wurden etwa weitere 200 Personen durch die spanische Armee erschossen. Der Aufstand vom 4. Februar 1888 gilt heute als eine der weltweit ersten Demonstrationen für Umweltschutz.

Wie gefährlich der Abbau von Pyrit und Zink für die Umwelt ist, konnte man 1998 besichtigen, als der Damm eines Rückhaltebeckens der Los Frailes Mine in Aznalcollár brach und sich 4,5 Millionen Kubikmeter Klärschlamm aus Schwermetallen in den Fluss Guadiamar, über 5000 Hektar Ackerland und in Teile des Nationalparks Coto de Doñana ergossen. Die Los Frailes Mine befindet sich 50 km südöstlich vom Río Tinto und wurde damals von der schwedischen Bergbaufirma Boliden betrieben.

Nach dem 1. Weltkrieg beschränkten die USA den Handel mit Pyrit aus Spanien. Damit begann der schleichende Niedergang der Mine am Río Tinto. 1925 weitete die Rio Tinto Gesellschaft ihre Bergbauaktivitäten auf die ganze Welt aus. Schwerpunkt der Bergbautätigkeit wurden Minen in Rhodesien und Sambia. Während des 2. Weltkriegs entstand die paradoxe Situation, dass am Río Tinto eine britische Firma Pyrit abbaute, welches ausschließlich für die Waffenproduktion der Achsenmächte verwendet wurde.

Auch General Franco beschränkte 1950 die Ausfuhr von Pyrit, sodass die Mine für die Gesellschaft immer unwichtiger wurde. 1954 stellte die britische Bergbau-Gesellschaft ihre spanischen Aktivitäten ganz ein. Der Erzabbau erfolgte danach durch verschiedene spanische Gesellschaften wie »Compañía española de Minas de Riotinto«, »Unión Explosivos Riotinto«, »Riotinto Patiño«, »Riotinto Minera« und »Minas de Riotinto S.A.L.«, von denen der Großteil inzwischen stillgelegt ist. Im Jahr 2001 wurde die letzte Grube geschlossen.

1962 verschmolz die Rio Tinto Group mit der australischen Consolidated Zinc zur Rio Tinto Zinc, die später wieder Rio Tinto hieß. Im Jahr 2007 wurde die kanadische Firma Alcan Aluminium für 38 Milliarden Dollar von Rio Tinto übernommen. Seit 2010 ist die Aluminium Corporation of China Limited größter Anteilseigner von Rio Tinto.

2015 wurde die Mine durch die zypriotische Bergbaufirma Atalaya Mining, deren Aktien an den Börsen in London und Toronto gehandelt werden, wieder in Betrieb genommen, um weiter Kupfer abzubauen, das für die Vernetzung im Internet-Zeitalter benötigt wird. Dadurch hat die Umweltverschmutzung in der Gegend in den letzten Jahren zugenommen.

Bergbaumuseum in Minas de Riotinto und Naturschutzgebiete

Das Bergbaumuseum im früheren englischen Spital von Minas de Riotinto gibt einen guten Einblick in frühere Epochen des Bergbaus und die Einflüsse auf die Region. Zu sehen sind eine Bergbaubahn, ein Museum und Teile der Bergwerke und Minen. Mit der kleinen Bahn kannst du 11 km auf der alten Bergbaustrecke von Talleres Mina nach Los Frailes entlangzuckeln. Bei Minas del Riotinto, in einem weiten Bereich um Berrocal und im weiteren Flussverlauf, erstreckt sich das 17.000 Hektar große Naturschutzgebiet Río Tinto.

Von Huelva aus werden Exkursionen zum Bergbaugebiet am Río Tinto durchgeführt. Den Fluss kannst du auch bei einer Tagestour von Sevilla aus besichtigen.

Am Unterlauf des Flusses lohnt sich ein Besuch in Niebla mit seiner Burg und der Römischen Brücke. Die Burg von Niebla ist Schauplatz eines bekannten Theaterfestivals mit Aufführungen von Shakespeare und Cervantes.

Testgebiet für zukünftige Mars-Expeditionen

Neuerdings hat die Mondlandschaft, die durch den Jahrtausende andauernden Erzabbau entstanden ist, der Mine eine neue Aufgabe beschert. Die Zusammensetzung des Marsbodens ähnelt dem Boden in der Mine am Río Tinto: Sulfite, Hematit und Jarosit. Seit 2005 testet die NASA ihre Mars-Rover in der Mine. Im Projekt MARTE (Mars Analogue Rio Tinto Experiment) werden vor allem neue Bohrmethoden zur Erforschung der Marsoberfläche ausprobiert.

5.000 Jahre Bergbauaktivität sollten dazu geführt haben, dass die Mine und ihre Umgebung so versucht sind, dass kein Leben dort existieren kann. Aber die einzellige Amöbe Extremophiles ist nur genau dort heimisch. Daraus schöpft man Hoffnung, dass es auch auf dem Mars Leben und damit Wasser geben könnte. Seien wir gespannt...

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