Beethovens spanische Momente
Das verlorene Corona-Jahr 2020 hat die Feste und Konzerte zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven kaum zur Geltung bringen können. Das wird sicherlich 2021 nachgeholt werden. Auch in Spanien, obwohl man dieses Land eher nicht mit dem deutschen Komponisten in Verbindung bringt. Zu Unrecht!
Denn immerhin ist Beethoven zu einem Viertel Spanier. Seine Oma Maria Josefa Poll floh während der Spanischen Erbfolgekriege nach Deutschland, wie der Musikwissenschaftler Andrés Ruiz Tarazona herausfand. Von ihr könnte Beethoven sein aufbrausendes Temperament und sein Interesse für Spanien geerbt haben. An Teilen von Beethovens Werken erkannt man dieses Interesse. Seine einzige Oper »Fidelio« spielt in Sevilla. Johann Wolfgang von Goethe suchte für sein Drama »Egmont«, das im spanisch-französischen Krieg spielt, nach einer Schauspielmusik, und Beethoven lieferte ihm diese.
Maria Josefa Poll hatte 1733 in Bonn Lodewijk van Beethoven geheiratet, der in Mechelen in den österreichischen Niederlanden geboren ist und kurfürstlicher Hofkapellmeister in Bonn wurde. Die Beethovens betrieben in Bonn nebenher einen schwunghaften Weinhandel. Das führte bei Maria zu Alkoholismus, an dem sie 1775 in einer Klinik starb. Auch ihr einziger überlebender Sohn Johann war Alkoholiker und Sänger am Hof in Bonn. Er heiratete 1767 Maria Magdalena Keverich aus Ehrenbreitstein. Das Paar hatte sieben Kinder, darunter als zweites den Sohn Ludwig, der von seinem Vater oft verprügelt wurde. Vater Johann starb 1792, kurz nachdem Ludwig nach Wien gegangen war um dort bei Joseph Haydn zu studieren.
Ludwig van Beethoven schickte seinen Neffen Karl in Wien auf eine spanische Schule, die der spanische Aristokrat Cayetano Anastasio del Río, mit dem Beethoven befreundet war, errichtet hatte. Nanny, die Tochter des Aristokraten, gefiel Beethoven außerordentlich, sie zeigte jedoch kein Interesse an ihm. Stattdessen musste Beethoven sich Nachstellungen von deren Schwester Fanny erwehren, für die wiederum er keine Gefühle hegte. Beethoven war wegen seiner Musik und trotz seines kleinen Wuchses und seines von Pockennarben durchzogenen Gesichts durchaus ein Schwarm der Frauen. Allein für seinen Klingelton „»Für Elise« würde Beethoven heute noch hohe Tantiemen einstreichen können.
Im 19. Jahrhundert war Beethoven in Spanien »in«. Im Teatro Real wurden alle Premieren seiner Werke aufgeführt. Die »Sociedad de Cuartetos« in Madrid gründete sich u.a. auf seiner Musik. Diese Gesellschaft kümmerte sich zwischen 1863 und 1894 um die Verbreitung der europäischen Kammermusik in Spanien. 1927 verglich der spanische Philosoph und Soziologe Ortega y Gasset Beethoven mit Goya, einem ebenfalls gehörlosen Maler-Genie, der ein Jahr nach Beethoven verstorben war. Von Goya stammt das Gemälde »Die nackte Maja«, das heute im Prado-Museum in Madrid hängt.
Anlässlich des 250-jährigen Beethoven-Jubiläums gab das spanische La Caixa-Forum ein Beethoven Online-Konzert, bestehend aus mehreren Symphonien. Es ist ergreifend, dort spanische Chöre »Freude schöner Götterfunken« auf Deutsch schmettern zu hören.
Beethovens Werke gelten wegen ihres oft irrwitzigen Tempos als schwer bis gar nicht spielbar. Viele Orchester mühten sich, ihr eigenes Tempo zu finden. Die spanischen Musikforscher Almudena Martín und Iñaki Úcar fanden jetzt heraus, dass Beethoven beim Komponieren offenbar sein Metronom falsch interpretierte. Er verwendete beim Komponieren die Zahlen unterhalb des kleinen Gewichts, mit der man an der Nadel des Metronoms den Takt einstellt, statt oberhalb. Das führte zu einer Beschleunigung von 12 Schlägen. Offenbar hatte das Musikgenie die Gebrauchsanleitung nicht gelesen. Das Metronom war damals gerade vom Wiener Hof-Mechaniker Johann Nepomuk Mälzel erfunden worden. Mälzel konstruierte auch Gehör-Rohre, von denen Beethoven später Gebrauch machte.
Es kursiert ein Witz, die Österreicher hätten es geschafft, dass alle Welt glaubt, Hitler sei Deutscher und Beethoven sei Österreicher. Jetzt weißt du, er war auch ein bisschen Spanier.
Verfasst am 4. Januar 2021Kommentare
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