Klimawandel in Andalusien

Der Klimawandel ist auch in Andalusien angekommen. Die Menschen spüren ihn nicht nur bei Überschwemmungen nach einer Gota Fría oder einer DANA, sondern z.B. bei den zunehmenden Waldbränden, welche durch immer extremere Hitze angefacht werden. Die Hitze ist auch für die immer niedrigeren Wasserstände der Stauseen verantwortlich. Und im Geldbeutel, z.B. für die rasant steigenden Strompreise.
Klimawandel Andalusien Spanien
Auch in Spanien wird gegen die Folgen des Klimawandels demonstriert ( sarayimagenysonido.gmail.com / Depositphotos.com )

Wassermangel und Hochwasser in Andalusien

Als deutscher Tourist an der Costa del Sol freue ich mich natürlich, wenn ich den ganzen November schönes Wetter habe, ohne einen Tag Regen! Aber für die Menschen, die hier leben, und mittelfristig auch für den Tourismus, ist das eine Katastrophe.

Der November 2023 war in Andalusien der heißeste November seit 73 Jahren. Es gab keinen einzigen Tag, an dem die Tagestemperaturen unter 15 Grad gefallen sind. Im »Sommer von Sankt Martin« (einem Wetterphänomen, das nur alle paar Jahre mal auftritt, also vom 16. bis 20. November), stieg das Thermometer sogar auf 30 Grad. Der 12. Dezember 2023 war sodann der heißeste Dezembertag, der auf dem spanischen Festland und damit auch in Andalusien jemals gemessen wurde. Das Thermometer kletterte in Málaga an diesem Tag auf 29,9 Grad. Die Einwohner wurden aufgefordert, Wasser zu sparen, Trinkwasser wurde rationiert, Pools und Duschen durften nicht benutzt, Gärten und Felder nicht bewässert, Autos nicht gewaschen werden.

Auch der Skitourismus in der Sierra Nevada ist betroffen. Nachdem die Schneesaison Ende Oktober gut begonnen hat, liegt dort im November und Dezember kein Schnee mehr. Wenn das so weitergeht, fließt auch im Frühjahr 2024 kein Schmelzwasser in die ausgetrockneten Stauseen.

Fotos der NASA zeigen, dass Andalusien aus dem Weltall im Mai 2023 wesentlich brauner aussah als im Mai 2022. Im gleichen Zeitraum hat sich die Niederschlagsmenge um 28% reduziert. 80.000 Menschen nördlich von Córdoba wurden schon seit Anfang 2023 mit Trinkwasser aus Tankwagen versorgt.

Im Winter 2024/25 hat es zwar öfter mal geregnet, aber das bedeutet nicht, dass die andalusischen Stauseen ausreichend gefüllt sind, um einen trockenen Sommer zu überstehen. Der Wasserstand der Stauseen lag im Februar 2025 unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 47% für den Monat. Niedriger als die Füllstände in Andalusien waren nur die Füllstände in Murcia. Am besten sah es mit 87% in Navarra aus. Forscher der Polytechnischen Universität von Katalonien sagen voraus, dass die jährlichen Regenmengen in Spanien bis 2050 um 20% abnehmen werden. Konkret waren die Stauseen in den andalusischen Provinzen so gefüllt: In Almería 9%, Málaga 28%, Cádiz 30%, Jaén 31%, Granada 34%, Córdoba 39%, Huelva 55% und Sevilla 77%.

Bis 2023 hat es nur 1995 eine vergleichbare Dürre gegeben. Im Oktober 2024 hingegen ereignete sich ein Unwetter, das mit 630 l Regen pro qm innerhalb von 24 Stunden weite Teile Valencias unter Wasser setzte und über 200 Todesopfer forderte, während in Andalusien 'nur' das Guadalhorce-Tal und der Río Campanillas in der Provinzhauptstadt Málaga eine Flutwelle erlebte. Zusammen mit einem Unwetter Anfang November 2024 führte das dazu, dass die Stauseen in Andalusien gut gefüllt wurden, die Flüsse wieder flossen und das ganze Land in sattem Grün erschien. Demnach muss Andalusien in Zukunft darauf vorbereitet werden, dass Dürren und Starkregenereignisse sich abwechseln.

Lächerliche 50 Millionen Euro stellte die andalusische Landesregierung 2024 für ihre Gemeinden bereit, damit sie neue unterirdische Wasserreserven und vor allem Lecks in den Wasserleitungen aufspüren. Madrid stellt 500 Millionen Euro für Meerwasser-Entsalzungsanlagen in Andalusien bereit, die aber frühestens in drei Jahren in Betrieb gehen können. Allerdings wurde die vorhandene Entsalzungsanlage in Marbella rechtzeitig erweitert, sodass bis September 2024 genug Trinkwasser für den Tourismus zur Verfügung stand.

Der andalusische Ministerpräsident Juanma Moreno forderte EU-Hilfen, weil Andalusien 500 Millionen Europäer mit Obst und Gemüse versorgt, sagte aber nicht, wie das Geld helfen soll, Wasser zu den Farmen im Landesinneren zu bringen.

Besser machte es Finanzministerin Maria Jesús Montero, die für die Schäden durch die Flut vom 29. Oktober 2024 in Valencia von der EU-Kommission eine Finanzhilfe von 4,4 Milliarden Euro erbat. Montero wies darauf hin, dass die spanische Regierung bereits mit Nothilfen in Vorleistung getreten sei.

Andalusien Wassermangel
Der Stausee La Concepción in der Gemeinde Istán im November 2023 ( Foto: Wolfgang Zöllner )
Andalusien Flut Starkregen
Andererseits gibt es in Andalusien aber auch vermehrt Starkregen-Ereignisse ( digicomphoto / Depositphotos.com )

»Gota Fría« und »DANA« – Fluten und Starkregen-Ereignisse

Die Mittelmeerküste wird des Öfteren durch das Wetterphänomen der »Gota Fría« (kalter Tropfen) heimgesucht. Dieses Phänomen entsteht, wenn die Wolken zwischen heiße bodennahe und kalte höhere Luftschichten geraten. Das führt dazu, dass der Regen in großer Geschwindigkeit in Richtung Erde gepresst wird. Gota Frias treten vor allem im September auf, nachdem sich die Luftschichten über dem Mittelmeer im Sommer erwärmt haben.

Gota Fría und DANA führen zu Überschwemmungen an den Küsten des Mittelmeeres. Selbst wenn der Regen vorbei zu sein scheint, soll man sich in Acht nehmen, denn dann kommen die Wassermassen aus den küstennahen Bergen herangerauscht und zerstören alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Man sollte sich in diesem Fall von Fluss- und Bachläufen sowie von Gullys fernhalten. Autos sollten an höher gelegenen Stellen geparkt werden. Wenn Wasser ins Haus eindringt, sollte man den Strom abschalten. Eine Wasserpumpe, Taschenlampen und ein Lebensmittelvorrat für drei Tage sollten bereitstehen.

Waldbrände in Andalusien

Im September 2021 loderte der seit 30 Jahren größte Waldbrand der Provinz Málaga eine Woche lang in der Sierra Bermeja und im dahinter liegenden Genaltal. 9.936 Hektar Wald- und Buschland wurden ein Opfer der Flammen. Den schlimmsten Waldbrand Spaniens und Andalusiens gab es allerdings 2004 in der Río Tinto Bergbau-Region zwischen Huelva und Sevilla. 29.867 Hektar Wald wurden dabei vernichtet

Fünfzig Löschflugzeuge und Helikopter sowie bis zu 5.000 Feuerwehrleute waren im September 2021 rund um die Uhr im Einsatz, um das Übergreifen der Flammen auf zehn kleine »Weiße Dörfer« zu verhindern. Feuerwehren aus ganz Spanien eilten zu Hilfe. Ein Feuerwehrmann aus Alicante starb, zwei Feuerwehrleute wurden verletzt. Ein Hubschrauber stürzte ab, wobei alle 19 Insassen mit dem Schrecken davonkamen.

Die andalusische Landesregierung vermutet gezielte Brandstiftung, nachdem die Feuer an mehreren schlecht zugänglichen Stellen gleichzeitig aufgetreten waren und Spuren einer Brand beschleunigenden Flüssigkeit gefunden wurden. Der oder die Brandstifter hatten vermutlich die vorhergesagten stürmischen Südwinde für ihre Tat genutzt. Andalusiens Ministerpräsident Juanma Moreno forderte sogleich, die Strafen für Brandstifter deutlich zu erhöhen.

Die Umwelt-Staatsanwaltschaft ermittelt. Die andalusische Landesregierung stellte acht Millionen Euro Soforthilfe für die Wiederaufforstung zur Verfügung. Die Landesregierung wird von Umweltaktivisten beschuldigt, die 300 UME Soldaten zu spät angefordert zu haben, um nicht von der »linken« Zentralregierung abhängig zu sein. Die Regierung verteidigte sich damit, die Leitung der andalusischen INFOCA habe zunächst versichert, den Brand alleine löschen zu können.

In der Nacht vom 8. zum 9. September 2021 war das Feuer in den Bergen hinter Estepona und Benahavís ausgebrochen. 1.054 Personen mussten in Sicherheit gebracht werden und konnten erst am 14. September wieder ihre Häuser betreten. Bewohner einzelner Fincas kehrten allerdings aus Angst vor Plünderern vorzeitig in ihre verlassenen Häuser zurück. In Benahavís war vor allem die Urbanisation Montemayor mit 80 Bewohnern betroffen, in Estepona 750 Einwohner der Urbanisationen Forrest Hill und Abejeras. Am südlichen Ortsrand von Casares wurden der Naturpark Los Pedrigales und weite Teile der Acedia ein Raub der Flammen. Zunächst waren 400 Feuerwehrleute der INFOCA, der andalusischen Waldfeuerwehr, im Einsatz. Hotels offerierten kostenfreie Betten für die Feuerwehrleute und freiwilligen Helfer.

Heiße Flugasche setzte dann auch das Genaltal in Brand. Aus den Bergdörfern Genalguacil, Jubrique, Faraján, Pujerra und Alpandeire mussten am 12. September 2.500 Einwohner evakuiert werden. Die Bergdörfer Algatocín, Benaularía, Benadalid und Atajate waren von Flammen umzingelt. Vom Genaltal kehrte das Feuer in Richtung Mittelmeerküste zurück und erreichte den Ortsrand von Casares. Von Benalmádena bis Manilva ging ein Ascheregen auf die Strände der Costa del Sol nieder. Die Rauchschwaden wurden vom Satelliten Sentinel 3 aus dem Weltraum fotografiert. Auf den Fotos sieht man, dass die Rauchfahne bis an die algerische Küste reichte.

Meeresbiologen befürchten, dass die Asche an der Küstenlinie das Wachstum von Mikroalgen und Cyanobakterien begünstigt, worunter Weichtiere und Plankton leiden, die für eine Reinigung des Wassers sorgen und größeren Meerestieren als Nahrung dienen.

Folgen der Waldbrände für die Tierwelt

Zahlreiche Wildtiere kamen in den Flammen um. Während sich Luchse, Rehe und Steinböcke vermutlich retten konnten, waren insbesondere kleinere Tiere nicht schnell genug, um dem Feuer zu entkommen. Viele starben an Rauchvergiftung, Vögel versengten ihr Federkleid oder dehydrierten wegen Wassermangel. Die Angstschreie von Wildschweinen gellten schauerlich durch die Nacht.

14 Wildtierarten kommen ausschließlich in den von der Feuersbrunst betroffenen Gebieten vor: Die Fische La Boga del Guadiana (lateinisch: Pseudochondostrona willkommii) und Cachuelo del Genal; die Kreuzkröte, der penibetische Salamander und die betische Eidechse, die Hufeisennatter und die stupsnasive Viper, die Wasserfliege Leuctra bidula und der Käfer Alphasida ferreri sowie die Schnecken Iberus serpentinae und Peridotitea bermejaensis, die Zwergohreule und der Adler-Uhu. Ihr Lebensraum ist nun zerstört und es ist fraglich, ob sich diese Arten auf dem verkohlten Gelände erholen können.

Hunde, Ziegen, Pferde und Schafe mussten in zum Teil dramatischen Aktionen vor den Flammen gerettet werden. Tierärzte waren im Sondereinsatz, um verletzte Tiere zu behandeln. Tierschutzeinrichtungen wurden durch die Menge der eingelieferten verängstigten Tiere überrannt. Zahlreiche Freiwillige halfen, die Tiere zu versorgen und das Feuer z.B. vom Tierheim ADANA bei Estepona fernzuhalten, wo die Flammen bereits den äußeren Zaun angesengt hatten. Zudem nutzten einige gewissenlose Zeitgenossen das Chaos, um ihre Haustiere, derer sie überdrüssig geworden waren, auf die Straße zu treiben.

Unzählige Pinien und Büsche sind verbrannt, im Genaltal auch viele Kastanien. Glücklicherweise wachsen Büsche und Sträucher schnell wieder nach, da ihre Wurzeln meist heil geblieben sind. Und die seltene Art der Igeltannen (Pinsapo), die nur in den Provinzen Cádiz und Málaga sowie in Marokko vorkommen, wurde vom Feuer völlig verschont.

Am 15. September machten heftige Regenfälle dem Spuk ein weitgehendes Ende. Die Temperaturen gingen auf 20 Grad zurück. Die wenigen übrig gebliebenen Glutnester scheinen unter Kontrolle zu sein. Die Provinzstraßen MA-8301, MA-8302 und MA-8304 bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Somit sind die Dörfer Jubrique und Genalguacil faktisch von der Außenwelt abgeschnitten.

Experten sprechen von einem Feuer der sechsten Generation.

Dieses war aus folgenden Gründen besonders heftig:

  • Wie man am Beispiel der Sierra Bermeja sieht, handelt es sich bei Waldbränden häufig im wahrsten Sinne des Wortes um »vom Menschen gemachten« Klimawandel. Einige Brandstifter hoffen, dass danach billiges Bauland entsteht. Beim jetzigen Waldbrand könnte es sich aber auch um eine Abrechnung zwischen Drogenbanden gehandelt haben. In Jubrique war kürzlich ein Generator einer illegalen Cannabis-Plantage heiß gelaufen und hatte einen kleineren Waldbrand verursacht. Die Polizei geht auch der Theorie nach, dass eine Drogenbande das Feuer gelegt haben könnte, um die Behörden davon abzulenken, dass in derselben Nacht eine größere Menge Rauschgift von Marokko über die Meerenge von Gibraltar nach Andalusien gebracht wurde.
  • Die ökologische Schutzfunktion des Waldes als CO₂-Speicher und zur Kühlung des Erdbodens entfällt. An den nun kahlen Berghängen verdunstet das Wasser der zahlreichen Bäche viel schneller, sodass an der zubetonierten Küste noch weniger Trinkwasser zur Verfügung steht. Die andalusischen Stauseen haben im September bereits wieder besorgniserregende Tiefstände erreicht.
  • Die Temperaturen steigen immer mehr an. In Andalusien wurden im August 2021 über 47 Grad gemessen.
  • Zur Zeit der Brände herrschte starker Südwind, der die Flammen immer wieder angefacht und auch in entfernter liegende Gebiete getragen hat.
  • Durch die Landflucht ist niemand mehr da, der sich um die Pflege von Wald und Flur kümmert. Knochentrockenes Gestrüpp wirkt wie ein Brandbeschleuniger. So breitete sich heiße Flugasche über alle Brandschneisen hinweg im Nu von der Sierra Bermeja in das abseits gelegene Genaltal aus. Beide Feuer vereinigten sich zu einem Großbrand, zeitweise auf einer Länge von 83 km. Die Forstverwaltung fürchtet, dass es jederzeit zu einem Großfeuer kommen kann, welches sich über 200.000 Hektar von Estepona bis Campillos erstreckt.
  • Obwohl sie im Plan »Red Natura« aus dem Jahr 2000 als zukünftige Naturschutzgebiete ausgewiesen sind, handelt es sich bei der Sierra Bermeja und dem Genaltal um keine Nationalparks wie z.B. die Sierra de las Nieves. Wäre das der Fall gewesen, hätte das Feuer durch die Nationalpark-Verwaltung früher entdeckt und bekämpft werden können. So waren jedoch beim Ausbruch der Feuer nur 5 bis 7 Forstbeamte in der ganzen Region im Einsatz.

Antonio Gallegos, Assistenzprofessor am geografischen Institut der Universität Málaga, weist darauf hin, dass durch den Waldbrand 1.320.000 Tonnen Erdreich verloren gegangen sind, die erst nach Jahrzehnten wieder neu gebildet sein werden. Das sind 2% des gesamten Erdreichs der Provinz Málaga.

Durch das Fehlen der Vegetation und des Erdreichs steigt die Gefahr von Überschwemmungen für den Großraum Estepona. Bisher konnte der Boden 112 Liter Regen pro Quadratmeter absorbieren. Bis zu dieser Menge konnte also nichts in die tiefer gelegenen Küstenregionen abfließen.

In Zukunft genügen mehr als 14 Liter Regen pro Quadratmeter, um eine Überflutung der Küste auszulösen. Wir erinnern uns, dass im Juli 2021 Regenfälle von 200 Litern pro Quadratmeter im rheinland-pfälzischen Ahrtal eine Flut von 5 bis 8 Meter Höhe ausgelöst hat, die zu großflächigen Zerstörungen und zu mehr als 100 Toten geführt hat.

Weitere Umwelt-Risiken

Im September 2021 brach auf der Kanareninsel La Palma der Vulkan Cumbre de Vieja aus. Er erzeugte eine Aschewolke, die über das spanische Festland zog und als saurer Regen in der Provinz Murcia niederging. Saurer Regen ist eine große Gefahr für den Wald.

Tsunami-Risiko in Andalusien

Auf der Meereskonferenz der Vereinten Nationen in Lissabon im Juni 2022 wurde über ein »Tsunami-ready«-Programm für das Jahr 2030 debattiert. Denn Tsunamis sind nicht nur eine Gefahr für den Indischen und den Pazifischen Ozean. Eine Studie der UNESCO kommt zu dem Ergebnis, dass sich innerhalb der kommenden 30 Jahre auch mindestens ein Tsunami im Mittelmeer und den angrenzenden Zonen des Atlantiks ereignen wird.

Besonders gefährdet sind die Städte Istanbul, Alexandria, Cannes, Marseille und Conil del Frontera an der andalusischen Atlantikküste. Die Schäden dürften dann wegen des höheren Meeresspiegels gewaltiger sein als bei dem Tsunami, der 1755 die Stadt Lissabon und die Küste von Cádiz verwüstete. Die UNESCO möchte die in der Studie genannten Städte beim Aufbau eines Tsunami-Frühwarnsystems unterstützen.

Zwei Jahre später ist Chipiona die einzige andalusische Hafenstadt, die einen von der UNO abgesegneten Tsunami-Warn- und Rettungsplan vorweisen kann. Schon ein Seebeben der Stärke 6 könnte eine Flutwelle von 2 Meter Höhe auslösen, was in allen Küstenstädten zu schweren Verwüstungen führen würde.

Klima-Experimente

In Marokko sind Dürre und Wassermangel noch gravierender als in Spanien. Daher hat die marokkanische Regierung 2021 ein Forschungsprojekt gestartet, das zu 15% mehr Regen führen soll, indem die Atmosphäre von Flugzeugen aus mit Ionen von Silberjodid oder Natriumchlorid »geimpft« wird. An den Ionen würde sich Wasserdampf anreichern und zur Bildung von Wolken führen, die im Idealfall über Marokko abregnen.

Allerdings lässt sich das nicht steuern, sodass die spanische Regierung befürchtet, dass sich Unwetter über der Straße von Gibraltar oder der andalusischen Küste entladen. Die spanische Regierung hat daher Marokko gebeten, solche Experimente nur in enger Abstimmung mit Spanien durchzuführen oder besser ganz darauf zu verzichten. 2023 hatte ein Bericht der Vereinten Nationen jede Art von »Klima-Engineering« abgelehnt, weil die Auswirkung auf das Weltklima und auf andere Staaten unvorhersehbar sei.

Der marokkanische Landwirtschaftsminister Mohamed Sadiki hatte im Februar 2023 angekündigt, 20 weitere Experimente durchzuführen und dafür 10 Millionen Euro bereitgestellt.

Plastikmüll

Ein Mythos besagt, dass die Chinesische Mauer das größte von Menschen gemachte Objekt sei, welches man in der Internationalen Raumstation ISS mit dem bloßen Auge erkennen könne. Das klappt allerdings in der Realität nicht. Dennoch existiert ein von Menschen gemachtes Objekt, das man von der ISS, die 400 km über der Erde kreist, mit bloßem Auge erkennen kann.

Dieses Objekt befindet sich in Andalusien in der Provinz Almería. Es handelt sich um die Felder um die Küstenstadt El Ejido, dem größten zusammenhängenden Anbaugebiet von Obst und Gemüse.

Was man von der ISS aus erkennt, sind die weißen Plastikplanen, mit denen die Felder geschützt sind. Man würde sie sogar noch aus 2.300 km Entfernung erkennen können.

Wenn diese Planen langsam verrotten oder vom Wind weggeweht werden, sind sie allerdings eine große Gefahr für die Umwelt, weil sie in die Nahrungskette von Mensch und Tier gelangen.

El Ejido Plastikmeer
Luftaufnahme der Gewächshäuser rund um El Ejido ( amoklv / Depositphotos.com )
Andalusien Gewächshäuser
Nein, das ist kein Schnee, sondern das Plastikmeer von El Ejido ( OlafSpeier / Depositphotos.com )

Auswirkungen des Klimawandels auf Landwirtschaft, Tourismus und das Finanzsystem

Die rasante Erhöhung der Preise für echtes Olivenöl hat ihre Ursache vor allem in der Provinz Jaén, wo die Olivenernte wegen der Dürre deutlich geringer ausgefallen ist. Seit 2021 ist die Olivenernte in Spanien von 1,4 Millionen Tonnen auf 664.000 Tonnen gefallen. Aber auch in Italien, Griechenland, Tunesien und der Türkei ist die Olivenernte eingebrochen. Der Preis für 1 Liter Olivenöl ist von 3 Euro auf 9,60 Euro angestiegen. Aber die Bauern haben nichts davon, weil sie nicht liefern können. Die Stiftung Warentest (»test«-Heft Ausgabe 4/2024) hat Olivenöle der Qualität »nativ extra« in deutschen Supermärkten untersucht. Nur 4 von 23 Olivenölen haben dabei mit »gut« abgeschnitten, während sechs Öle sogar ganz durchfielen. Die Spitzenreiter kommen von Kreta und aus Italien und kosten pro Liter zwischen 32 und 46 Euro! Es ist das erste Mal bei einem Test von Lebensmitteln, dass die Klimakrise so stark auf die Qualität durchgeschlagen hat. Ranziger und muffiger Geschmack geht auf beschädigte Oliven zurück. Schlammige Konsistenz wird darauf zurückgeführt, dass die Oliven nach der Ernte zu lange in der Wärme gelagert wurden und angegoren waren, weil sie früher reif wurden und bereits vor dem Winter geerntet werden mussten.

Auch bei der Traubenernte gibt es massive Einbrüche. Kostete beim Aldi eine 500 Gramm Schale kernloser Tafeltrauben im Oktober 2023 noch 1,19 Euro, waren dafür im November 3,19 Euro zu bezahlen.

In Andalusien sind im April 2024 die Osterprozessionen buchstäblich ins Wasser gefallen. Ein herber Verlust nicht nur für das Brauchtum, sondern auch für den Tourismus zu Ostern. Das spanische Bruttosozialprodukt wird sich 2025 um 0,2% vermindern, weil Betriebe nach dem Oktoberhochwasser in Valencia ein Jahr oder länger nicht produzieren können.

Experten von Versicherungen und Banken haben errechnet, dass durch das Valencia-Hochwasser Kredite in Höhe von 20 Milliarden Euro betroffen sind. Darunter Darlehen an 472.000 private Darlehensnehmer über 13 Milliarden Euro und 7 Milliarden Euro an Kredite für 23.000 Unternehmen. Versicherungen werden die Gebäudeversicherungs-Policen für 81.000 Gebäude, die in von Hochwasser gefährdeten Gebieten stehen, anheben müssen. Solche Gebäude erleiden zudem einen Wertverlust beim Wiederverkauf.

Eine italienische Studie kommt 2024 zu dem Ergebnis, dass der Tourismus in Spanien durch die immer höheren Temperaturen gefährdet ist. Bei Temperaturen zwischen 35 und 45 Grad möchte niemand Urlaub machen. Außerdem führt die Erwärmung des Mittelmeers zu immer heftigeren Starkregen-Ereignissen und Wirbelstürmen. 12% des spanischen Tourismusgeschäfts sind von der Hitze bedroht. Nur in Italien mit 49% ist es in Europa noch schlimmer. Stürme haben in Spanien auf 9% des Tourismus einen schlechten Einfluss, 29% sind es in Großbritannien. Über die Ufer tretende Flüsse bedrohen 9% des spanischen Tourismus, in Frankreich sind es 16%.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Durch die Klimaerwärmung fühlt sich das aus Ägypten eingeschleppte West-Nil-Virus in Andalusien immer wohler. Zwischen Juni und November 2023 zählte die andalusische Landesregierung 49.629 Stechmücken, die mit dem Virus infiziert waren. Sechs andalusische Orte wurden in die höchste Risiko-Kategorie 4 eingestuft, 89 Orte befinden sich in Kategorie 2 oder 3. Wo das West-Nil-Virus gehäuft auftritt, kannst du auf der Webseite der andalusischen Landesregierung nachlesen.

Die Landesregierung stuft 2024 das West-Nil-Virus nicht als akute Bedrohung für die Bevölkerung ein. Das West-Nil Fieber ist vor allem für Pferde und Wildvögel lebensbedrohlich. Bisher sind nur wenige Personen an dem Virus verstorben. 80 Prozent der infizierten Menschen zeigen keine Krankheitssymptome. Bei 20 Prozent treten Fieber, Kopfschmerzen, Desorientierung oder Zittern auf, in schweren Fällen aber auch Hirnhautentzündung und Lähmungen.

Durch die Dürre von 2023 waren in Spanien ca. 24.000 Hitzetote zu beklagen, überwiegend ältere Menschen.

Politische Maßnahmen

Mehr noch als Corona stellt sich der Wassermangel in Andalusien als eine unsichtbare Naturkatastrophe dar. Am heiteren äußeren Erscheinungsbild der Städte und Dörfer hat sich nichts geändert. Die Menschen sitzen im strahlenden Sonnenschein in den Straßencafés. Die Engländer flanieren in ihren Shorts und mit ihren Hunden weiterhin auf den Promenaden. Die Pools sind noch aus der Zeit vor den Verboten mit Wasser gefüllt. Die Pflanzen in den Gärten und Parks sind noch nicht lange genug von der künstlichen Bewässerung abgeklemmt, um das satte Grün durch ein staubiges Braun zu ersetzen. Und das verstopfte Klo im Haus sieht und riecht man ja draußen nicht.

Mittelfristig soll an der Küste zwischen Almería und Algeciras eine Kette stationärer Meerwasser-Entsalzungsanlagen entstehen. Allerdings dauert es bis zu deren Inbetriebnahme noch mindestens fünf Jahre.

Das Oktober-Hochwasser von Valencia hat die Dringlichkeit von Maßnahmen offenbart, die die Auswirkungen von Starkregen mildern. Dazu gehören Verbesserungen der Kanalisation, Bereitstellung natürlicher Überflutungsräume, Restaurierung von Flüssen und Bächen, Verbot von Neubauten in Flussniederungen, Veröffentlichung von Verhaltensmaßnahmen für die betroffene Bevölkerung und ein gutes Frühwarnsystem. Da mutet es befremdlich an, dass kurz nach dem Unwetter einzelne Politiker bereits fordern, Flüsse zu begradigen.

Die Zentralregierung in Madrid stellte für die Flutopfer von Valencia 10 Milliarden Euro Soforthilfe bereit. Von präventiven Maßnahmen für zukünftige Flutereignisse war dabei nicht die Rede.

Die Unwetterwarnung auf dem Mobiltelefon funktioniert in Andalusien übrigens gut. Wir erhielten einen durchdringenden Warnton auf unsere Smartphones, obwohl wir deutsche SIM-Karten benutzen. Siehe auch den Beitrag Notrufnummern in Spanien. Der Warnton nervt so lange, bis man ihn ausschaltet und damit zu erkennen gibt, dass man die Warnung zur Kenntnis genommen hat.

Wer kümmert sich in Andalusien um die Folgen des Klimawandels?

Zahlreiche Organisationen kümmern sich in Andalusien um die Folgen des Klimawandels und die Abwendung der Klimakatastrophe. Ist das ein gutes Zeichen oder eher ein Zeichen, dass es unserem Planeten wirklich schlecht geht?

  • Carmen Crespo, andalusische Ministerin für Landwirtschaft, Fischerei und Bewahrung der Umwelt.
    juntadeandalucia.es/medioambiente
  • INFOCA Forst-Feuerwehr der Guardia Civil, Leiter Alejandro Garcia.
    juntadeandalucia.es/medioambiente/portal/incendios
  • BIIF – Brigada de Investigación de Incendios Forestales (Waldbrand-Untersuchungsbrigade des andalusischen Umweltministeriums)
  • SEPRONA Einheit der Guardia Civil zur Ermittlung und Verhinderung von Umweltstraftaten
    hmiteco.gob.es/es/actuaciones-seprona/el-seprona/
  • UME Notfalleinheit der spanischen Streitkräfte. Sie kann bei Katastrophen nur von der Regionalregierung angefordert werden.
    defensa.gob.es/ume
  • Wetterdienst AEMET
    aemet.es
  • WWF World Wide Fund for Nature (früher: World Wildlife Fund), eine weltweit agierende private Umweltschutzorganisation.
    wwf.es
  • AEHCOS (Asociación de Empresarios Hoteleros de la Costa del Sol) bietet freie Zimmer für Katastrophenhelfer
    Tel. +34 952381700, info@aehcos.es
  • Felipe Román, ein Biologielehrer, erforscht seit 30 Jahren Flora und Fauna der Sierra Bermeja. Er ist auch Mitglied von Ecologistas en Acción, der wichtigsten spanischen Umweltschutzorganisation.
    ecologistasenaccion.org/federaciones/andalucia
  • ADANA Estepona, Tierschutzheim für Haustiere
    adana.es
  • Im Arch Charity Shop in Alhaurín El Grande kann man Hilfen für Pferde anfordern,
    Tel. +34 652 49 27 51, info@horserescuespain.org
  • Die Vereinigung der Tierärzte von Málaga betreibt eine 24-Stunden Telefon-Hotline unter Tel. +34 630809923.
  • Im Paddock Paradise in Ronda erhalten geflüchtete Pferde ein vorübergehendes Zuhause,
    Tel. +34 628142255, paddockparadiseronda.com

Von Wolfgang Zöllner

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